Betriebsbedingte Kündigungen von Stamm-Mitarbeitern bei ständigem Einsatz von Leiharbeitnehmern sind unwirksam
Die betriebsbedingte Kündigung eines Mitarbeiters der Stammbelegschaft ist wegen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten unwirksam, wenn der Arbeitgeber ein nicht schwankendes, ständig vorhandenes Sockelarbeitsvolumen mit Leiharbeitnehmern abdeckt.
Das ist passiert:
Der Arbeitgeber, ein Automobilzulieferer, beschäftigt neben 106 festen Mitarbeitern auch Leiharbeitnehmer. Wegen Auftragsmangels und des dadurch entstandenen Personalüberhangs kündigte er sechs Stammarbeitnehmern betriebsbedingt. Seit knapp zwei Jahren vor Ausspruch der Kündigungen setzte der Arbeitgeber allerdings auch sechs Leiharbeitnehmer fortlaufend mit nur wenigen Unterbrechungen im Betrieb ein. Zwei der gekündigten Stammarbeitnehmer erhoben Kündigungsschutzlage.
Das entschied das Gericht:
Die Arbeitnehmer hatten mit ihren beiden Kündigungsschutzklagen sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Erfolg. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Arbeitnehmer auf den Arbeitsplätzen der Leiharbeitnehmer weiterbeschäftigt werden könnten. Diese seien als freie Arbeitsplätze anzusehen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gälten Arbeitsplätze nicht als frei, wenn der Arbeitgeber Leiharbeitnehmer als Personalreserve zur Abdeckung von Vertretungsbedarf beschäftige. Eine solche Vertretungsreserve liege im vorliegenden Fall allerdings nicht vor, da die Leiharbeitnehmer fortlaufend beschäftigt würden. Wenn immer wieder (unterschiedliche) Arbeitnehmer in einem absehbaren Umfang ausfielen, sei kein schwankendes, sondern ein ständig vorhandenes Sockelarbeitsvolumen entstanden. In dem Zusammenhang wies das LAG auch auf eine Entscheidung des BAG zum Befristungsrecht hin. Der 7. Senat habe entschieden, dass der Sachgrund der Vertretung nicht vorliege, wenn der Arbeitgeber mit der befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers einen dauerhaften Bedarf abdecken wolle.
Landesarbeitsgericht Köln, Urteile vom 02. September 2020, 5 Sa 14/20 u. 5 Sa 295/20